«Mann und Frau dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden» – Anita Borer (SVP)
- Anita Borer
- 8. März
- 3 Min. Lesezeit
Autorin: Mel Giese Pérez
Textauszug aus dem Interview zum Internationalen Frauentag

Von links: Edanur Akdemir (Juso), Rosmarie Quadranti (Die Mitte) und Anita Borer (SVP) sprechen über ihre Ansichten zum Internationalen Frauentag. Fotocollage: ZO
Zwischen Kantonsratssitzung und Geschäft hat sich Anita Borer (SVP) Zeit genommen, über ihre Ansichten zum 8. März zu sprechen.
Anita Borer ist Kantonsrätin und ausserdem Präsidentin des Gewerbeverbands in Uster.
Die heute 38-Jährige hat mit 19 Jahren begonnen, in der Politik mitzumischen. In Sachen Gleichstellung vertritt sie eine ganz klare Position: Sie ist erreicht, muss aber gehalten werden.
Frau Borer, was halten Sie vom Internationalen Frauentag?
Anita Borer: Dieser ist für mich kein Thema. Früher waren Frauen wirklich nicht gleichgestellt. Diese Zeit gab es. Doch heute sieht es anders aus. Wir sind gleichgestellt. Ich lebe das in jeder Beziehung. Im Beruf, in der Politik und im Privaten.
Gab es nie Momente, in denen Sie sich als Frau benachteiligt fühlten?
Ich kann mich wirklich an keinen erinnern.
Auch in der Politik nicht?
Absolut nicht. Ich begann sehr jung und war überrascht, wie herzlich und offen man mich empfing. Relativ schnell erhielt ich auch die Möglichkeit, zu referieren. So wurde ich von Anfang an mitgezogen. Haltungen gegenüber Personen hängen auch immer von persönlichen Erfahrungen ab. Mich stört, dass oft kategorisiert wird. Wer einem Mann anstatt einer Frau den Vorzug lässt, muss deswegen nicht frauenfeindlich sein. Manchmal kommt es mir vor, als würden mit der ganzen Gleichstellungsdebatte Mann und Frau gegeneinander ausgespielt.
Gibt es also nichts mehr zu verbessern?
Wer selbstbewusst ist, wer sich traut, etwas zu sagen, wird auch gehört. Da bin ich überzeugt. Ich zumindest habe hier keine anderen Erfahrungen gemacht in der Schweiz.
Was, wenn es um Rollenbilder in der Familie geht?
Ich finde, das ist eine private Angelegenheit, die niemanden etwas angeht. Jede Familie muss für sich selbst ausmachen, welches Modell sie lebt. Da steht es niemandem zu, das zu beurteilen. Hauptsache ist, dass es für alle Beteiligten stimmt. Manchmal finde ich, dass die Forderung nach Gleichberechtigung das Gegenteil bewirkt.
Wann beispielsweise?
Bei der Quote. Ich finde, dass es diese nicht braucht. Ich erlebte es einmal bei einem Verwaltungsrat, dass eine Frau der Quote wegen bevorzugt wurde. Das finde ich einfach nicht richtig, denn schliesslich möchte ich für meine Leistung beurteilt und nicht wegen meines Geschlechts bevorzugt werden. Wenn ich einem Mann vorgezogen werde, weil ich eine Frau bin, dann setzt das meine Leistung ja wieder runter. Das hiesse ja, dass ich nicht gut genug wäre, aber zum Handkuss komme, weil ich das korrekte Geschlecht habe. Ich will keine Quoten, ich will gleich behandelt werden. Ich finde Quoten einen Rückschritt in der Gleichstellung.
Haben Sie Bedenken, dass wir als Gesellschaft noch weitere Rückschritte machen?
In diesem Zusammenhang sehe ich die grösste Gefahr darin – und das muss man einfach offen ansprechen –, dass es Kulturen gibt, die die Gleichberechtigung nicht so sehen wie wir. Kulturen, in denen das Patriarchat gilt und der Mann das Oberhaupt ist. Also müssen wir dafür sorgen, dass derjenige, der hierherkommt, sich in unsere Kultur integriert und auch weiss, dass hier die Gleichberechtigung gilt.
Heisst das, dass es den Internationalen Frauentag noch braucht?
Ich finde, dass es den Kampf nicht mehr braucht. Wir haben die Gleichstellung erreicht. Jetzt gilt es, dem Sorge zu tragen und es weiter zu pflegen.
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